Beten wie am Schnürchen

Für die vierzig Tage nach Aschermittwoch nehmen sich viele vor, auf etwas zu verzichten – Fleisch, das Smartphone, Autofahren. Doch der abgesteckte Zeitrahmen bedeutet, dass es „nur vorübergehend“ ist. Was aber bleibt nach den Ostertagen außer dem Gefühl, dass man wochenlang auf etwas gewartet hat, das nun plötzlich vorbei ist? Wie wäre es, nach dem Verzicht der Fastenzeit mit etwas Neuem zu beginnen? Wie wäre es, etwas, das man längst kennt, neu kennenzulernen, der eigenen Glaubenspraxis auf den Zahn – oder eher auf die Perle – zu fühlen?

Diese Praktische-Tips-Ausgabe beschäftigt sich nicht mit österlichen Basteleien oder Rezepten, auch nicht mit bestimmten Osterliedern oder Anregungen für die neueste Frühlingsdekoration. An dieser Stelle möchte ich mit Euch gerne einen kleinen Gegenstand teilen.

Vor ein paar Jahren lernte ich einen anderen Theologiestudenten kennen, der so ein „Gebetskettchen“ bei sich trug: eine kleine Kette aus elastischem Band, mit etwa zwanzig abwechselnd großen Holzperlen daran. Natürlich kannte ich Rosenkränze, die im Protestantismus bekanntermaßen wenig verbreitet sind, aber diese Miniversion war mir neu. Es ließ mich nicht los, bis ich mir vor kurzem selbst eines kaufte.
Doch, wie benutzt man das Ding nun?

Ich habe (wieder einmal) angefangen, mich mit Gebetsformen zu beschäftigen und festgestellt: es ist gar nicht so einfach! Außerhalb der vorformulierten Texte im Gottesdienst, kann es ganz schön kniffelig sein Gebete a) auswendig zu lernen, b) zu formulieren, c) in einem gewissen Rhythmus mit diesem Kettchen aufzusagen. Und: sage ich sie nur auf?

Der Osterfestkreis im Kirchenjahr erstreckt sich von Aschermittwoch bis Pfingsten, jeder Abschnitt – die Fastenzeit zur Vorbereitung auf Ostern, die Karwoche zur Besinnung und die österliche Freudenzeit zum Aufbrechen – bietet die Gelegenheit und lädt dazu ein, sich selbst und den eigenen Glauben, auch eigene Praktiken, zu reflektieren und Neues zu versuchen.

Aus diesem Grund möchte ich diese Zeit des Aufbruchs, des Neuanfangs nutzen, um ein bisschen Werbung zu machen. Und zwar zum (alleine) Beten.

Man nehme:

  • 1 Schnur (elastisch oder nicht), ca. 30 cm lang
  • 24 Perlen (vorzugsweise Holz)
  • ein einfaches Gebet zum Einsteigen
  • Zeit

Das Schöne ist: Es gibt kein Richtig und kein Falsch; letztlich muss man selbst herausfinden, was guttut, was den „Draht nach oben“ befördert. Und wie so oft braucht es eine Weile, bis man den Dreh – wortwörtlich – raushat. Denn die Perlen lassen sich nicht nur selbst hin- und herdrehen, sondern man kann hervorragend Gebete an ihnen „abzählen“. Zwei Methoden probiere ich regelmäßig:

  1. Abwechselnde Gebete: bei verschiedengroßen Perlen fällt es leicht, zwischen zwei Gebeten hin- und herzuwechseln.
  2. Psalmen: hier bietet es sich an, bei jedem Vers eine Perle weiterzugehen.

Was zunächst etwas befremdlich wirkt, entfaltet seine Wirkung gerade dadurch, dass es repetitiv ist: Durch die stete Wiederholung eines oder zweier Gebete oder aber das konzentrierte „Abzählen“ der Perlen beim Psalmenbeten, ist die Beschäftigung mit dem Text verbunden mit dem Gefühl der Holzperlen zwischen den Fingern.

Verbreitet ist das sogenannte Jesusgebet, bei dem der Name Jesu stetig wiederholt wird und mit Bitten ergänzt werden kann, etwa: „Jesus Christus, steh‘ mir bei!“ Die Schwierigkeit, die dieser sehr einfache Text birgt, ist die meditative Ruhe, zu der man letztlich kommen soll.
Auch das „Vater Unser“, das „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist“, oder das Apostolische Glaubensbekenntnis können Einsteigergebete sein. Ein vertrauter Text, etwa Psalm 23, erleichtert es dabei, sich nicht zu sehr auf die richtigen Worte, sondern auf den Inhalt selbst zu konzentrieren.

Ist dieses Gebetskettchen also ein „Praktischer Tip“? Nun, wenn man sich darauf einlässt, kann es durchaus helfen, sich Gebeten anders zu nähern; sie zu meditieren, buchstäblich zu fühlen, anstatt sie nur aufzusagen.
Ein Versuch lohnt sich!